LV. México D.C.

Anarchismus: kleinbürgerliche pseudorevolutionäre politische und ideologische Strömung, die jede staatliche Organisation und staatliche Gewalt ablehnt.

Prof. Dr. Alfred Kosing
Wörterbuch der marxistisch-leninistischen Philosophie

 

Explanations exist; they have existed for all time; there is always a well-known solution to every human problem – neat, plausible, and wrong.i

Henry Louis Mencken
US-Amerikanischer Schrifsteller und Journalist

 

Mexiko-City brennt. Die Brände werden monatelang anhalten. Ebenfalls ein Vulkan – und die panischen Menschen taten ihr Übriges zur Verbreitung des Chaos dazu. Die Stadt war in einer geologisch sehr ungünstigen Lage gebaut, das war lange bekannt. Die Mexikaner fliehen massenhaft aufs Land, sofern sie dazu noch in der Lage sind.

Die Vulkane vor der kalifornischen Küste waren im Gegensatz zu Mexikos Vulkan eine Neuigkeit: Erdbeben kannte man da schon, aber keine Vulkane. Jedenfalls nicht in geologisch jüngerer Zeit; früher, vor Millionen Jahren, hat es sie sehr wohl gegeben. Am meisten störte die Asche: Man konnte kaum Autofahren, die Flugzeugturbinen versagten ihren Dienst, die Landwirtschaft war weiträumig ruiniert. Und es wurde täglich schlimmer. Die US-Amerikaner, die von der Westküste fliehen wollten, hatten nur wenige Optionen: entweder nach Norden, nach Kanada. Da würde es spätestens im Winter ungemütlich werden, es fehlte die Infrastruktur für die vielen Menschen. Oder mit dem Schiff, nach Westen. So viele Schiffe gab es nicht. Oder südwärts, nach Mexiko und weiter. Die Mexikaner hatten ihre eigenen Sorgen und ihre eigenen Vulkane und empfingen die Fliehenden nicht mit offenen Armen. Warum sollten sie auch? Viele erinnerten sich noch bitter daran, wie die Gringos sie einst behandelt hatten, als sie sie noch wetbacks nannten. Im Übrigen besaßen die meisten US-Amerikaner keinen Reisepass und durften daher die Grenze nicht überqueren.

Lagos brennt. Das liegt nicht an einem Vulkan, sondern am Menschen. Unsere Augen dienten den Mördern zur Beobachtung des Feindes und zur Koordination ihrer Angriffe, bis wir es bemerkten. Daraufhin machten wir unsere Daten dem BND zugänglich, die wiederum gaben sie an die USA und an China weiter. Die Autoritäten der USA waren mit ihrem Vulkanausbruch in Kalifornien beschäftigt, wo scheinbar die Pazifische Kontinentalplatte entzweizubrechen drohte, durch eine Perlenkette kleiner Unterseevulkane vor der Pazifikküste der USA geteilt. China eroberte die Ölförderanlagen im Nigerdelta, massakrierte einige Stämme, die man kurzerhand als Aufständische definierte, sperrte andere ein, exekutierte wieder andere öffentlich und schon herrschte Ruhe. Es gibt eine chinesische Redewendung, die diese Vorgehensweise veranschaulicht: Man muss das Huhn töten, um den Affen zu erschrecken. Das funktioniert natürlich nur, wenn der Affe Zeuge der Tötung des Huhns ist, aber das wussten die Chinesen. Die Affen sahen alles, was sie sehen sollten. Die Nigerianer kannten ihre Rechte, folglich schwiegen sie und duldeten alles, was eine größere Militärmacht ihnen aufbürdete. Das hat in Afrika Tradition.

Um das Problem der gesteigerten Vulkanaktivität in Kalifornien zu lösen, einschließlich der Missernten, die es mit sich brachte, verfielen die Bewohner der USA auf eine schlechte Lösung: Bürgerkrieg. Über Waffen verfügen sie genug. Das hat in den USA ebenfalls Tradition. Allein die Fronten waren nicht besonders deutlich, scheinbar kämpfte jeder gegen jeden. Vielleicht sollte man diesen Zustand demnach nicht Bürgerkrieg nennen, sondern Chaos oder Anarchie.

i „Es gibt für alles eine Erklärung, es gab sie schon immer. Jedes menschliche Problem lässt sich mit einer wohlbekannten Lösung aus der Welt schaffen. Diese Lösung ist sauber, glaubhaft und falsch.” „The Divine Afflatus“ in der New York Evening Mail (16. November 1917); nachgedruckt in Prejudices: Second Series (1920) und in A Mencken Chrestomathy (1949).

 

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