Faciunt solitudinem et pacem apellant.i
Tacitus
I’ll give you my gun when you take it from my cold, dead hands!ii
Charlton Heston
Nachts wurde die Welt dunkel. Sehr ungewöhnlich. Man sah viele Sterne, wo es keine Asche in der Luft gab. Wenn es bewölkt war, sah man nachts überhaupt nichts. Wir mieden weiterhin Wolken, so gut es ging, und drifteten tendenziell tagsüber weiterhin nach Westen, um länger das Sonnenlicht nutzen zu können. Nachts trieben wir eher Richtung Osten, um den Sonnenaufgang früher zu erleben, allerdings in geringerem Maße; zum einem, weil wir nachts eher langsamer flogen als tagsüber, vor allem aber, weil wir uns zumeist in der Hemisphäre aufhielten, in der gerade die Tage saisonbedingt länger als die Nächte waren. Wenn die Tage länger als die Nächte sind, bewegt man sich natürlich tagsüber weiter, als man nachts zurückkommt. Alles, wie üblich, um die Energiebilanz zu optimieren.
Man sieht nachts keine Flugzeugpositionslichter mehr, wie man auch tagsüber keine Kondensstreifen mehr sieht. Das Blaue vom Himmel kommt mir anders als früher vor, als ob es jemand heruntergelogen hätte. Wenn man genau hinschaut, sieht man nachts noch einige Satelliten, am hellsten erstrahlt die ISS. Beim letzten Mal, als ich es nachgelesen habe, umkreiste sie die Erde in über 300 Kilometern Höhe. Das ist sehr hoch, aber selbst da übt die irdische Atmosphäre Reibung aus, irgendwann wird die Raumstation – erfahrungsgemäß – dennoch herunterstürzen. Wie die Skylab, die zu Zeiten meiner Jugend in Australien niederging, oder die Raumstation Mir, die im März 2001 vom Himmel fiel, ebenso die sieben Saljut, die eine Kosmos 557 (die nur elf Tage im Weltraum schwebte) und zuvor die unglückliche Taikonauten-Raumstation Tiang-gong 1 (zunächst ein rein chinesisches, anschliessend ein sino-japanisches Gemeinschaftsprojekt). Die anderen verbleibenden Satelliten sind mitnichten die hellsten Objekte am Firmament. Venus und Jupiter, selbst der rötliche Mars sind oftmals heller und mit dem Feldstecher von der oberen Beobachtungsplattform viel interessanter zu betrachten.
Die Reise in die ehemaligen USA wird eine Enttäuschung: Wir finden Waffen, aber kaum Munition. Die haben sie offenbar ganz verschossen, die Schweine! Stattdessen finden wir viele Autos, etliche von ihnen alt. Herr Klaasen zeigt uns, wie man die alten Kisten kurzschließen und die elektronische Sperre der QuadScooter durch Eingabe eines siebenunddreißigstelligen Codes umgehen kann, der sogenannten trap door des Erbauers dieser Maschinen. Aha: Er weiß also auch, was eine trap door ist, dachte ich mir im Stillen. Die QuadScooter sind dank des Elektroantriebs und des Fotovoltaikdachs gut fahrbereit, die meisten konventionellen Autos haben jedoch sehr wenig Benzin im Tank. Die Reifen sind selten ausreichend aufgeblasen, man muss vorsichtig fahren, damit sie nicht platzen. Niemand von uns will den letzten Verkehrsunfall der Geschichte verursachen. Die Fahrzeuge neueren Datums sind mit einer elektronischen Sperre versehen, die kaum zu knacken ist; nur gelegentlich stecken die Schlüssel noch, befinden sich im Handschuhfach oder in der hochgeklappten Sonnenblende. Ali und Beata scheinen an Herrn Klaasens Ausführungen sehr interessiert zu sein. Sie zapfen unzählige Autos an und sammeln Benzin, bis sie genug haben, was manchmal etwas länger dauert. Wenn die Straßen nicht mit den zahlreichen unappetitlichen Autos blockiert sind, in denen man die eine oder andere Leiche findet, fahren sie in der Gegend herum. Sven Maven schließt sich ihnen von Zeit zu Zeit an.
Ali hat ein fahrtüchtiges Fahrrad gefunden. Die Kette ist etwas rostig, die Bremsen müssen justiert und die Reifen aufgepumpt werden. Das funktioniert beim Fahrrad viel einfacher als bei den Autos, es hat seine eigene Pumpe. Das Fahrrad nehmen beim Weiterflug mit, wir werden es noch des Öfteren gebrauchen.
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